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Der kleine Nick und die Mädchen


(@Anonym)
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„Der kleine Nick und die Mädchen“ Goscinny/Sempé

Marie- Hedwig

Mama hat mir erlaubt, dass ich meine Schulkameraden für nachmittags zum Kakao einladen darf, und ich habe Marie- Hedwig auch eingeladen. Marie- Hedwig hat unheimlich blonde Haare und blaue Augen und sie ist die Tochter von Herrn und Frau Kortschild, die wohnen in dem Haus neben uns.
Meine Klassenkameraden sind gekommen und Otto ist sofort ins Esszimmer rein, um zu sehen, was es gibt, und er ist zurückgekommen und hat gefragt:
„Kommt denn noch jemand außer uns? Ich hab die Stühle gezählt. Ich glaube, da ist ein Stück Kuchen übrig! “Ich habe ihm gesagt, dass ich Marie-Hedwig eingeladen habe, und ich habe allen erklärt, das ist die Tochter von Herrn und Frau Kortschild aus dem Haus nebenan.
„Aber das ist doch ein Mädchen!“, hat Georg gesagt. „Klar- na und ?“, habe ich gesagt.
„Wir spielen nicht mit Mädchen“, hat Chlodwig gesagt, „und wenn sie kommt, dann sprechen wir nicht mit ich und wir spielen auch nicht mit ihr. Wirklich, das wäre ja noch schöner...“
„Ich kann bei mir zu Hause einladen, wen ich will“, hab ich gesagt, „und wenn dir das nicht passt, dann kannst du gleich ein Backpfeife haben!“
Aber ich habe nicht die Zeit gehabt, ihm eine Bachpfeife zu geben, nämlich es hat an der Wohnungstür geläutet und Marie-Hedwig ist reingekommen.
Sie hat ein Kleid angehabt aus dem gleichen Zeug wie die Übergardienen in unserem Wohnzimmer, die Marie-Hedwig, nur in Dunkelgrün und mit einem weißen Gürtel und der war ganz voll Löcher an den Rändern. Sie sah prima aus, die Marie- Hedwig, aber eins war blöd, nämlich sie hatte ihre Puppe mitgebracht.
„Was ist denn, Nick“, hat Mama zu mir gesagt. „Willst du deiner kleinen Freundin nicht deine Kameraden vorstellen?“
„Das ist Franz“, habe ich gesagt. „Und das ist Roland und das hier ist Chlodwig...und Georg und dann natürlich Otto.“
„Und meine Puppe, die heißt Annemarie“, hat Marie-Hedwig gesagt. „Sie hat ein Kleid aus handgewebtem Stoff.“
Da hat natürlich niemand was darauf sagen können, nur Mama, und sie gesagt, wir sollen uns an den Tisch setzte, es ist serviert.
Marie-Hedwig hat zwischen mir und Otto gesessen. Mama hat uns Kakao eingeschenkt und jedem eine Stück Kuchen auf den Teller gelegt. Das hat gut geschmeckt und alle sind ganz still gewesen und es war wie in der Schul, wenn der Schulrat kommt. Und dann hat Marie- Hedwig sich zu Otto umgedreht und sie hat gesagt:
„Mann! Du isst aber schnell! Ich habe noch nie jemanden so schnell essen sehen- phantastisch!“
Und sie hat ganz schnell mit den Augendeckeln geklimpert, immer rauf und runter.
Dem Otto hat das mit den Augendeckeln nicht viel ausgemacht, er hat Marie-Hedwig angeschaut und hat das große Stück Kuchen runtergeschluckt, das er im Mund gehabt hat. Aber dann ist er doch rot geworden und hat ganz doof gelacht.
„Pöh!“, hat Georg gerufen. „Ich kann genauso schnell essen wie Otto- sogar noch schneller, wenn ich will!“
„Du spinnst wohl“, hat Otto gesagt.
„Oh- schneller als Otto!“, hat Marie-Hedwig gerufen. „Das glaub ich nicht!“
Und Otto hat wieder so doof gelacht. Aber Georg hat gesagt:“ Na- du wirst ja sehen!“ Und er hat ganz schnell seinen Kuchen aufgegessen. Otto, der konnte natürlich nicht mehr mitmachen, nämlich er hatte von seinem Kuchen nichts mehr übrig. Aber dafür haben die anderen sich eingemischt.
„Ich hab gewonnen!“, hat der Franz gerufen, und er hat überall Krümel verstreut.
„Das gibt nicht“, hat Roland gesagt. „Du hast ja fast nichts mehr auf dem Teller gehabt!“
„Ach nee!“, hat Franz gerufen. „Mein Teller war ganz voll!“
„Da muss ich ja lachen“, hat Chlodwig gesagt. „Ich hab das größte Stück gehabt. Keine Frage, wer gewonnen hat: ich!“
Ich hätte ihm am liebsten eins reingehauen- nee wirklich, der Chlodwig ist ein ganz gemeiner Betrüger! Aber da ist meine Mama reingekommen und sie hat erstaunt auf den Tisch geschaut.
„Was?“, hat sie gesagt. „Ihr seid doch nicht etwa schon mit dem ganzen Kuchen fertig?“
„Ich noch nicht“, hat Marie-Hedwig gesagt. Sie hat immer nur ganz kleine Stücke in den Mund gesteckt und das hat ziemlich lange gedauert, nämlich zuerst hat sie die Kuchenstücke ihrer Puppe angeboten, aber die hat natürlich nichts gegessen.
„Na schön“, hat Mama gesagt, „wenn ihr fertig seid, könnt ihr in den garten gehen und spielen- das Wetter ist herrlich.“ Und sie ist raus.
„Hast du´n Fußball?“, hat Chlodwig gefragt.
„Gute Idee!“, hat Roland gerufen. „Ihr seid vielleicht ganz groß im Kuchenessen. Aber Fußball! Das ist was anderes! Wenn ich den Ball einmal angenommen habe, dann kann ich jeden von euch ausspielen!“
„Ach nee!“, hat Georg gesagt.
„Aber der Beste im Purzelbaumschlagen ist Nick“, hat Marie-Hedwig gesagt.
„Purzelbaum?“, hat Franz gesagt. „Den besten Purzelbaum schlage ich! Ich mach das schon seit Jahren.“
„Du hast wohl ´ne Meise!“, hab ich gerufen . “Du weißt ganz genau, wer der Beste im Purzelbaumschlagen ist! Ich!“
„Das werden wir ja sehen“, hat der Franz gesagt.
Wir sind alle in den Garten gelaufen, Marie-Hedwig auch- sie hatte ihren Kuchen tatsächlich noch aufgegessen.
Im Garten haben Franz und ich sofort angefangen Purzelbaum zu schlagen. Georg hat gesagt, wir haben ja keine Ahnung und er macht und das mal vor. Er hat auch angefangen Purzelbaum zu schlagen. Roland, der hat in solchen Sahen nicht viel zu bieten, und Chlodwig hat einmal probiert, aber dann hat er gleich wieder aufgehört, nämlich er hat eine Kugel aus seiner Tasche verloren. Marie-Hedwig, die hat immer in die Hände geklatscht. Otto hat in der einen Hand ein Milchbrötchen gehabt. Das hat er von zu Hause mitgebracht, damit er hinterher noch was zu essen hat- und in der anderen Hand durfte er Annemarie halten, die Puppe von Marie-Hedwig. Ich hab nicht schlecht gestaunt: Der Otto hat doch tatsächlich der Puppe kleine Stücke von seinem Milchbrötchen angeboten! Und sonst gibt er niemandem etwas ab, nicht mal seinen besten Freunden!
Chlodwig, der hat seine Kugel wieder gefunden, er hat gesagt:“ Na, wer von euch kann das denn?“ Und er ist auf den Händen gelaufen.
„Oh!“, hat Marie-Hedwig gerufen. „Das ist ja phantastisch!“
Also: Auf den Händen laufen, das ist ziemlich schwierig, jedenfalls viel schwerer als Purzelbaum. Ich habe versucht und ich bin jedes Mal umgekippt. Franz hat es besser gekonnt und er ist sogar länger auf den Händen geblieben als Chlodwig. Aber das ist vielleicht auch daher gekommen, dass dem Chlodwig schon wieder die Kugel aus der Tasche gefallen war.
„Auf den Händen laufen – das ist ja Quatsch!“, hat Roland gerufen. „Bäume raufklettern – das ist eine vernünftige Übung, damit kann man was anfangen!“ Und Roland ist auf einen Baum geklettert und ich muss schon sagen, auf unseren Baum kommt man gar nicht so einfach rauf, nämlich er hat nur paar Äste und die meisten sind ganz oben, da, wo die Blätter sind.
Wir haben alle lachen müssen, nämlich der Roland hat den Baum mit Händen und Füßen umklammert und er ist nur ganz langsam höher gekommen.
„Nun mach schon! Stemm dich hoch- warte, ich zeig’s dir!“, hat Georg gerufen.
Aber Roland hat den Baum nicht loslassen wollen und da sind Georg und Chlodwig beide zugleich raufgeklettert. Aber Roland hat geschrieen:
„Ich komm höher! Ich komm richtig rauf!“
Ein Glück, dass Papa nicht da gewesen ist, nämlich er hat es gar nicht gern, wenn man mit den Bäumen Unsinn macht. Franz und ich, wir haben immer noch Purzelbäume geschlagen, auf dem Baum war ja kein Platz mehr und Marie-Hedwig hat gezählt, wer die meisten Purzelbäume schlagen kann. Aber dann hat Frau Kortenschild aus dem Garten nebenan gerufen:
„ Marie-Hedwig! Komm schnell! Deine Klavierstunde!“
Marie-Hedwig, die hat ihre Puppe geholt, die Otto im Arm hatte, und sie hat Auf Wiedersehen gesagt und ist gegangen.
Roland, Chlodwig und Georg sind vom Baum runter, Franz hat aufgehört Purzelbäume zu schlagen und Otto hat gesagt:
„Es ist schon spät, ich geh auch nach Hause!“
Und da sind sie alle nach Hause gegangen.
Das war ein prima Tag und wir haben unheimlich viel Spaß gehabt- ich weiß nur nicht, ob Marie-Hedwig viel davon gehabt hat.
Es stimmt schon, wir sind nicht sehr nett zu ihr gewesen. Wir haben fast gar nicht mit ihr gesprochen und haben nur unter uns gespielt- so als wenn sie überhaupt nicht da wäre!

Lieben Gruß Mellie und Bine 😀


   
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(@Anonym)
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Mir laufen die Tränen runter vor Lachen-die sind echt der Hammer..ich hab auch ein Buch vom kleinen Nick und es zu lesen versacht immer Lachsalven 😀

Danke für dies hier ihr 2,

eure

Rella


   
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Der kleine Nick und die Mädchen“ Goscinny/Sempé„

Luise

Mama hat gesagt, sie bekommt Besuch. Eine Freundin von ihr kommt zum Tee und bringt ihr kleines Mädchen mit, und ich war gar nicht besonders froh darüber. Ich kann kleine Mädchen nicht ausstehen, die sind blöd und können nichts spielen als Kaufladen und mit Puppen. Und alle Naselang heulen sie. Ich weine natürlich auch manchmal, aber nur, wenn es wirklich schlimm ist, so wie neulich, als die Vase im Salon kaputt ging und wo Papa mit mir geschimpft hat, und das war ganz schrecklich ungerecht, weil ich das doch nicht mit Absicht getan habe und wo die Vase sowieso hässlich war. Und ich weiß schon, dass Papa es nicht gerne hat, wenn ich im Zimmer Ball spiele, aber draußen hat es geregnet.
„Du wirst sehr nett und höflich sein zu Luischen“, hat Mama mir gesagt, „ sie ist ein reizendes kleines Mädchen und du musst zeigen, dass du gut erzogen bist.“
Wenn Mama zeigen will, dass ich gut erzogen bin, zieht sie mir den blauen Anzug an und das weiße Hemd, wo man drin aussieht wie ein Hanswurst. Ich habe zu Mama gesagt, ich will lieber mit den anderen Jungen ins Kino und den Cowboyfilm ansehen, aber Mama hat mich groß angeguckt und dann muss man sich vorsehen.
„Also, ich bitte dich, sei nicht so roh mit dem kleinen Mädchen – sonst kriegst du es mit mir zu tun, verstanden?“, hat Mama gesagt. Um vier Uhr ist die Freundin von Mama gekommen und hat ihr kleines Mädchen mitgebracht. Mamas Freundin hat mir einen Kuss gegeben und gesagt :Du bist aber schon ein großer Junge – das sagen alle zu mir, und dann hat sie gesagt, das ist Luischen, und Luischen und ich, wir haben uns angesehen. Sie hat ganz gelbes Haar und Zöpfe und blaue Augen und ihre Nase uns ihr Kleid sind ganz rot gewesen. Wir haben uns schnell die Hand gegeben, nur mit den Fingerspitzen. Mama hat den Tee aufgetragen und das war prima, weil wenn Leute zum Tee kommen, gibt es Schokoladenkuchen und man darf zweimal nehmen. Wir haben Kuchen gegessen und Luischen und ich, wir haben keinen Ton gesagt. Wir haben gegessen und uns nicht angeguckt. Hinterher hat Mama gesagt.“ Jetzt geht spielen, liebe Kinder. Nick, du gehst mit Luischen auf dein Zimmer und zeigst ihr deine schönen Spielsachen.“ Mama hat ganz süß dabei gelächelt, aber gleichzeitig hat sie große Augen gemacht, so dass man gleich weiß, man muss sich vorsehen. Luischen und ich, wir sind auf mein Zimmer gegangen und ich habe nicht gewusst, was ich mit ihr sprechen soll. Aber Luischen hat zuerst was gesagt, sie hat gesagt :“ Du siehst aus wie ein Affe.“ Das hat mir gar nicht gefallen und ich habe gesagt: „Und du, du bist nur ein Mädchen“, und da hat sie mir eine Ohrfeige gegeben. Ich hätte beinahe angefangen zu weinen, aber ich habe mich zurückgenommen, weil Mama doch gern will, dass ich gut erzogen bin. Und da hab ich Luischen am Zopf gezogen und sie hat mich gegen das Schienbein getreten. Da musste ja doch „Ujie“ schreien, weil es so wehtat. Ich wollte ihr eine reinhauen, aber da hat Luischen von was anderem angefangen, sie hat zu mir gesagt:“ Na, und deine Spielsachen? Krieg ich die jetzt zu sehen oder nicht?“ Ich wollte ihr gerade sagen: Meine Spielsachen sind Spielsaschen für Jungen, basta – aber da hat sie meinen kleinen Plüschbären gesehen, den ich halb geschoren habe mit Papas Rasierapparat. Ich habe ihn nur halb rasiert, weil der Rasierapparat dabei kaputt ging. „Was, du spielst mit Puppen?“, hat Luischen gefragt und hat gelacht. Ich wollte sie an den Zöpfen ziehen und Luischen hat schon ausgeholt, um mir eine zu kleben, da ging die Tür auf und unsere Mamas kamen herein, alle beide. „Na, Kinder“, hat Mama gesagt, “spielt ihr auch schön?“ – „O ja“, hat Luischen gesagt und hat die Augen ganz weit aufgerissen dabei und sie hat die Augendeckel ganz schnell rauf- und runtergeklappt und Mama hat ihr einen Kuss gegeben und hat gesagt: „Reizend, also wirklich, ganz bezaubernd. Ein richtiges kleines Nesthäkchen.“ Und Luischen hat wieder ganz toll mit den Augendeckeln geklappert. „zeig Luischen auch mal deine schönen Bilderbücher“, hat Mama gesagt und die andere Mama hat gesagt, wir sind zwei reizende kleine Nesthäkchen. Und dann sind sie raus.
Ich habe meine Bücher vom Bücherbrett runtergeholt und hab sie Luischen gegeben. Aber sie hat sie gar nicht angesehen, sondern auf die Erde geschmissen, sogar das, wo eine Masse Indianer drin vorkommen – Klasse! „Pöh, Bücher – das interessiert mich nicht“, hat sie zu mir gesagt. „Hast du nicht was Lustigeres?“ Und dann hat sie auf dem Bücherbrett mein Flugzeug entdeckt, mein prima Flugzeug mit Gummimotor und es ist ganz rot und fliegt Klasse.
„Lass das liegen“, hab ich gesagt, „das ist nichts für Mädchen – das ist mein Flugzeug!“ Und ich hab versucht, ihr das Flugzeug wieder abzunehmen, aber Luischen hat sich losgemacht.
„Ich bin eingeladen“, hat sie gesagt. „Ich darf mit deinen Sachen spielen, mit allen – und wenn du mich nicht spielen lässt, dann rufe ich meine Mama und dann werden wir ja sehen!“
Ich habe nicht gewusst, was ich machen soll, ich wollte natürlich nicht, dass sie es kaputtmacht, das Flugzeug. Aber ich wollte auch nicht, dass sie ihre Mama ruft, weil nämlich so was gibt immer Theater. In der Zeit, wo ich nachgedacht hab, hat Luischen am Propeller gedreht und den Gummimoor aufgezogen. Und dann hat sie das Flugzeug losgelassen. Sie hat es aus meinem Zimmerfenster rausgelassen, das offen war. Und das Flugzeug ist abgebrummt. „Da siehst du, was du gemacht hast- so ein Blödsinn!“, hab ich geschrieen. „Mein schönes Flugzeug – jetzt ist es kaputt!“ Und ich hab angefangen zu weinen. „Ist ja gar nicht wahr“, hat Luischen gesagt. „Guck mal, da unten im Garten da liegt es! Wir brauchen es nur zu holen.“
Wir sind runter in den Salon und ich hab Mama gefragt: Können wir in den Garten gehen, spielen? Mama hat gesagt, es ist zu kalt. Aber Luischen hat wieder den Trick mit den Augendeckel gemacht, sie hat gesagt, sie möchte gerne die hübschen Blumen sehn. Da hat meine Mama gesagt, sie ist ein reizendes Geschöpfchen und wir sollen und nur ja warm anziehen, wenn wir rausgehen. Ich muss das mit dem Augendeckelklappen unbedingt lernen – eine tolle Masche und funktioniert prima!
Unten im Graten hab ich das Flugzeug aufgehoben – war nichts passiert, zum Glück. Und Luischen hat zu mir gesagt, was sollen wir machen? „ Ich weiß nicht“, hab ich gesagt, „du hast ja die Blumen angucken wollen, na bitte, da sind sie, jede Menge.“ Aber Luischen hat gesagt, sie macht sich einen Dreck aus Blumen und unsere Blumen sind der letzte Dreck.
Ich hatte richtig Lust, ihr eins auf die Nase zu geben, aber ich habe mich nicht getraut, weil nämlich vom Salonfenster aus kann man in den Graten sehen und unsere Mamas saßen im Salon. „Ich habe keine Spielsachen hier draußen“, habe ich gesagt, „außer meinem Fußball, der liegt in der Garage.“ Luischen hat gesagt, das ist eine prima Idee. Wir haben den Ball geholt und ich kam mir saublöd vor – ich habe Angst gehabt, dass meine Kameraden mich sehn, wie ich mit Mädchen spiele. „Stell dich da zwischen die beiden Bäume“, hat Luischen gesagt,“ so – und jetzt wollen wir mal sehen, ob du halten kannst.“ Na, ich hab gedacht, das ist ja ´ne Marke, da kann man ja nur drüber lachen – aber schon ist sie angelaufen und – bumm – ein toller Schuss! Ich habe den Ball nicht halten können und klirr – eine Scheibe vom Garagenfenster war hin. Die Mamas sind aus dem Haus rausgekommen und meine Mama hat sich das Garagenfenster angesehen und hat gesagt, aha! „Nicki!“, hat sie gesagt. „Du sollst dich lieber um deine Gäste kümmern, anstatt rohe Spiele zu spielen. Vor allem, wenn deine Gäste so liebenswürdig sind wie Luischen.“ Ich hab Luischen angeguckt, aber sie war ganz hinten im Garten und hat an den Blumen gerochen – besonders an den Begonien.
Am Abend habe ich keinen Nachtisch gekriegt zur Strafe. Aber macht nichts – Luischen ist Klasse.
Und wenn ich groß bin, wird geheiratet!
Die hat einen Schuss!


   
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Die ist so klasse die Geschichte ich habe mich heute morgen sowasvon scheckig gelacht...schöne Meta Modell Verletzungen drin...na lest selber!

Der kleine Nick und die Mädchen Goscinny/Sempé

Der Doktor

Wie ich heute morgen auf den Schulhof gekommen bin, da ist Georg mir schon entgegengekommen und man konnte gleich sehen, ihm sitzt was quer. Er hat mir erzählt, dass er von den Großen gehört hat, der Doktor kommt und macht Röntgenaufnahmen. Dann sind die anderen auch dazugekommen.
„Das ist doch Blödsinn!“, hat Roland gerufen. „Die Großen reden immer solchen Blödsinn!“
„Was ist Blödsinn?“, hat Joachim gefragt.
„Das der Doktor heute Morgen kommt und wir werden geimpft“, hat Roland geantwortet.
„Glaubst du, das ist nicht wahr?“, hat Joachim gefragt, ganz beunruhigt.
„Was ist nicht wahr?“, hat Max gefragt.
„Dass der Doktor heute kommt und uns operiert“, hat Joachim gesagt.
„Das will ich nicht – ich nicht!“, hat Max geschrieen.
„Was willst du nicht?“, hat Franz gefragt.
„ich will nicht, dass man mir die Blindarmentzündung rausnimmt!“, hat Max gerufen.
„Was ist das denn, eine Blindarmentzündung?“, hat Chlodwig gefragt.
„Das ist das, was sie mir rausgenommen haben, als ich noch klein war“, hat Otto gesagt. „Also – mir macht das nichts aus, wenn der Doktor kommt. Da lach ich nur!“ Und er hat gelacht.
Aber da hat der Hühnerbrüh – das ist unser Hilfslehrer – schon geläutet und wir haben uns aufgestellt. Wir waren alle ganz schön durcheinander, nur Otto nicht, der hat Spaß gemacht. Na ja, und Adalbert, der hatte überhaupt nichts gehört, weil er seine Aufgaben wiederholt hatte. Wir sind rein in die Klasse und unsere Lehrerin hat uns gesagt :“ Liebe Kinder, heute Morgen kommt der Doktor und...“
Aber da hat sie schon nicht mehr weitermachen können, nämlich Adalbert, der ist sofort aufgesprungen.
„Der Doktor?“, hat Adalbert geschrieen. „Ich will nicht zum Doktor! Ich werde mich beschweren! Außerdem – ich kann gar nicht zum Doktor – mir ist schlecht!“
Die Lehrerin hat mit dem Lineal aufs Pult geschlagen. Adalbert hat aber weitergeheult und die Lehrerin hat gesagt:“ Es ist wirklich kein Grund, sich aufzuregen, und schon gar nicht, sich wie ein Säugling aufzuführen! Die Ärzte kommen her und machen Röntgenaufnahmen, und das tut überhaupt nicht weh und...“
„Aber“, hat Otto gesagt, „ ich habe gehört, die kommen wegen der Blindarmentzündung. Blindarmentzündung – das macht mir nichts. Das gefällt mir gut. Aber Röntgenaufnahmen – nee! Nicht mit mir!“
„Blindarmentzündung?“, hat Adalbert geschrieen und er hat sich auf dem Boden gewälzt.
Die Lehrerin ist wütend geworden. Sie hat wieder mit dem Lineal auf das Pult geschlagen und sie hat zu Adalbert gesagt, er soll sofort still sein, sonst schreibt sie ihm eine Fünf in Erdkunde, nämlich das was alles in der Erdkundestunde. Sie hat gesagt, der Erste, der den Mund aufmacht, der fliegt von der Schule. Da hat keiner mehr etwas gesagt, außer der Lehrerin.
„So“, hat sie gesagt. „ Eine Röntgenaufnahme, das ist ein Foto, auf dem man sehen kann, ob die Lunge noch in Ordnung ist. Ihr habt bestimmt schon mal vor einem Röntgenschirm gestanden, also wisst ihr schon, wie das ist. Ich will keine Geschichten – es nützt euch sowieso nichts!“
„Aber, Fräulein“, hat Chlodwig gesagt, „meine Lunge...“
„Lass mich mit deiner Lunge zufrieden – komm lieber an die Tafel und sag mir, was du über die Nebenflüsse der Donau weißt“, hat die Lehrerin gesagt.
Chlodwig war gerade fertig mit seiner Prüfung und er wollte schon in die Ecke gehen, wie immer, das ist der Hühnerbrüh reingekommen.
„Ihre Klasse ist dran, Frau Kollegin“, hat der Hühnerbrüh gesagt.
„Sehr gut“, hat die Lehrerin gesagt. „Aufstehen! Aber leise. Stellt euch auf!“
„Auch die, die in der Ecke stehen?“, hat Chlodwig gefragt.
Die Lehrerin hat ihn nicht angucken können, nämlich Adalbert hat schon wieder angefangen zu schreien, er geht nicht und wenn man das vorher angekündigt hätte, dann hätte er eine Entschuldigung von seinen Eltern mitgebracht und er könne ja noch morgen eine bringen, und dann hat er sich mit beiden Händen an der Bank festgehalten und hat um sich getreten. Die Lehrerin hat gestöhnt und sie ist zu ihm hingegangen.
„Hör mal genau zu, Adalbert“, hat die Lehrerin gesagt. „ich kann dir versichern, es gibt überhaupt keinen Anlass, sich zu fürchten. Der Doktor rührt dich nicht einmal an. Du wirst sehen, es ist sogar sehr lustig: Der Doktor kommt mit einem großen Bus, und man steigt über eine kleine Treppe in den Bus ein. Das Innere des Wagens ist so praktisch und schön eingerichtet – so etwas hats du bestimmt noch nie gesehen. Außerdem: Wenn du jetzt brav und vernünftig bist, dann nehme ich dich nachher im Rechnen dran.“
„Bruchrechnen?“, hat Adalbert gefragt.
Die Lehrerin hat gesagt, ja, in Ordnung. Adalbert, der hat die Bank losgelassen und er hat sich mit uns aufgestellt, aber er hat die ganze Zeit so komisch gezittert und immerzu leise Hu – hu – hu gemacht.
Wir sind runtergegangen in den Hof und da sind uns die Großen entgegengekommen, die waren schon fertig und gingen wieder in die Klassen.
„na – tut es weh?“, hat Georg gefragt.
„Ganz toll!“, hat einer von den Großen geantwortet. „Das brennt und piekt und kratzt und die Ärzte gehen mit großen Messern ran, und überall ist Blut!“
Die Großen haben alle gelacht, wie sie an uns vorbei gegangen sind. Adalbert, der hat sich auf die Erde geschmissen und jetzt ist ihm richtig übel geworden und der Hühnerbrüh hat kommen müssen. Er hat ihn auf den Arm genommen und ins Krankenzimmer getragen.
Vor dem Schultor ist ein weißer Wagen gestanden, unheimlich groß, mit einer kleinen Treppe hinten zum Einsteigen und einer anderen Treppe an der Seite zum Aussteigen. Klasse! Der Rektor hat mit einem von den Ärzten gesprochen, der hatte einen weißen Kittel an.
„Das sind sie“, hat der Rektor gesagt. „Das ist die Klasse, von der ich Ihnen erzählt habe.“
„Ach, machen Sie sich keine Sorgen, Herr Rektor“, hat der Doktor gesagt.“ Wir kennen das schon. Bei uns parieren sie immer. Es wird sich alles in Ruhe und Frieden abwickeln.“
Aber da hat jemand ganz schrecklich geschrieen, nämlich der Hühnerbrüh ist gekommen und hat Adalbert am Arm hinter sich hergezogen.
„Ich glaube“, hat der Hühnerbrüh gesagt, „wir müssen mit dem hier anfangen. Der ist ein bisschen nervös.“
Einer von den Ärzten hat Adalbert am Arm genommen, aber Adalbert hat ihm eine Menge Fußtritte gegeben und er hat geschrieen, man soll ihn loslassen und man hat ihm doch versprochen, kein Doktor rührt ihn an, und das sind alles Lügner und er beschwert sich bei der Polizei.
Aber ein Doktor ist mit Adalbert in den Wagen rein und wir haben ihn schreien hören. Aber dann hat eine tiefe Stimme gesagt:
„Hör auf zu wackeln“ Wenn du weiter so einen Zirkus machst, nehm ich dich mit ins Krankenhaus!“ Damm hat es noch ein paar Mal „Hu – hu – hu“ gemacht und Adalbert ist an der Seitentür rausgekommen. Er hat ganz komisch gelächelt und ist gleich wieder in die Schule reingerannt.
„so!“, hat der eine von den Ärzten gesagt und er hat sich das Gesicht abgewischt. „jetzt die ersten fünf – vorwärts marsch! Wie kleine Soldaten!“
Aber es hat sich keiner gerührt und der Doktor hat mit dem Finger auf die Ersten gezeigt.
„Du-du-du, du und du!“, hat der Doktor gesagt.
„Warum denn wir und der nicht?“ hat Georg gefragt und er hat auf Otto gezeigt.
„Genau!“, haben wir anderen gerufen – das waren Roland, Chlodwig, Max und ich.
„Der Doktor hat gesagt, du, du, du, du und du“, hat Otto gesagt. „Er hat nicht gesagt, ich. Also musst du gehen – und du – und du und du und du! Ich nicht!“
„Ach nee? Wenn du nicht gehst, dann geht der nicht und der nicht und der nicht und der nicht und ich geh auch nicht!“, hat Georg gesagt.
„Ist jetzt bald Schluss?“, hat der Doktor geschrieen. „Los, ihr fünf, rein mit euch! Und´n bisschen plötzlich!“
Na ja, da sind wir eingestiegen. Drinnen im Wagen war es Klasse, ein Doktor, der hat unsere Namen aufgeschrieben.
Wir mussten das Hemd ausziehen und dann mussten wir und aufstellen, einer hinter dem anderen, und zu einer Glasscheibe hingehen und danach haben sie zu uns gesagt, das war´s und wir sollen unser Hemd wieder anziehen.
„Astrein, der Wagen!“, hat Roland gerufen.
„Hast du den kleinen Tisch gesehen?“, hat Chlodwig gesagt.
„Das müsste prima sein, mit so einem Wagen auf die Reise zu gehen!“, habe ich gesagt.
„Was macht man denn mit dem Ding hier?“, hat Max gefragt.
„Lass die Finger davon“, hat der Doktor gerufen. „Aussteigen! Wir sind in Eile. Los, raus! Nein, nicht hinten! Da drüben! Hier!“
Aber Georg, Chlodwig und Max waren schon hinten ausgestiegen und das hat ein ganz schönes Durcheinander gegeben – mit den Kameraden, die einsteigen wollten. Der Doktor an der hinteren Tür hat Roland angehalten. Der war schon einmal durch und wollte hinten wieder einsteigen und der Doktor hat ihn gefragt, ob er nicht schon vor dem Röntgenschirm gewesen war.
„Nee“, hat Otto gesagt. „Das war ich. Ich bin schon durchgelaufen.“
„Wie heißt du?“, hat der Doktor gefragt.
„Roland“, hat Otto gesagt.
„na, das tut mir aber weh!“, hat Roland dazwischengerufen.
„Ihr da vorne! Nicht durch die Vordertür einsteigen!“, hat ein Doktor gerufen.
Die Ärzte haben weitergearbeitet mit unseren Kameraden und die sind eingestiegen und ausgestiegen und so weiter, nur Otto, der hat die ganze Zeit erklärt, bei ihm lohnt es sich nicht, nämlich er hat keine Blindarmentzündung mehr. Der Chauffeur von dem Wagen hat sich rausgebeugt und er hat gefragt, ob er nun bald weiterfahren kann, nämlich er ist schon spät dran.
„Fahr los!“, hat ein Doktor drinnen im Wagen gerufen. „Es sind alle durch – außer einem. Der heißt Otto – aber der scheint heute zu fehlen!“
Der Wagen ist losgefahren und der Doktor, mit dem Otto sich unterhielt, der hat sich umgedreht und er hat geschrieen:“ He, wartet! Wartet!“ Aber die anderen im Wagen haben ihn nicht gehört und das kam vielleicht daher, dass wir so viel Krach gemacht haben.
Er ist ganz schön wütend gewesen, der Doktor, aber trotzdem, es war gerecht: Ein Doktor aus dem Wagen ist bei uns geblieben, aber dafür hatten sie einen von unseren Kameraden mitgenommen: Georg! Der war einfach nicht ausgestiegen.


   
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