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Vertragsgrundlagen und Widerrufsbelehrung


(@julian)
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Themenstarter  

Vor langer Zeit wurden bestimmte Geschäfte als "Haustürgeschäfte" deklariert, welches besonderen Vorschriften unterliegt. So hat ein Kunde bei einem Haustürgeschäft ein Widerrufsrecht. Und er muß darüber belehrt werden, daß er ein Widerrufsrecht hat.

Der Gedanke dahinter war, den Verbraucher vor "Druckverkäufern" zu schützen, die einem "an der Haustüre etwas aufschwatzen". Inzwischen gilt die Widerrufsgrundlage auch für Geschäfte nach dem Fernabsatzgesetz, also bei Käufen im Internet.

Ist Ihnen mal aufgefallen, wie viele Online-Shops damit werben, daß man Ihnen ein großzügiges 14tätiges Widerrufsrecht einräumt? Kein Wunder: Gesetzlich ist das vorgeschrieben. Es gibt nur wenige Sonderfälle, in denen das umgangen werden kann. So zum Beispiel wenn ein Produkt "speziell für den Kunden angefertigt" wird.

Sony hat das mal sehr raffiniert ausgenutzt: In einer Werbeaktion hat Sony im Online-Verkauf von VAIO-Notebooks den Kunden angeboten, das Notebook kostenlos gravieren zu lassen. Was nach einer kleinen, netten Geste aussieht hat in Wirklichkeit eine spannende rechtliche Auswirkung: Durch die Gravur erlischt das Widerrufsrecht: Der Kunde kann das Notebook bei Nichtgefallen nicht mehr zurückschicken.

Es gibt viele Grenzfälle, und das nächste Problem ist, daß der Anbieter nachweisen muß, daß er den Kunden über das Widerrufsrecht belehrt hat. Wenn das nicht der Fall ist kann der Kunde auch ein halbes Jahr später noch von dem Vertrag zurücktreten. Und jeder Online-Anbieter kennt das ganze zu genüge: Wenn ein Kunde nach zwei Monaten auf einmal doch nicht mehr will ... behauptet er, keine Widerrufsbelehrung erhalten zu haben und verlangt sein Geld zurück.

Ein Gesetz, das wie so viele andere sicherlich am Schreibtisch entstanden ist, mit den besten Absichten jedoch ohne wirkliche Praxiserfahrung. Denn, mal ganz ehrlich: Welchen Sinn macht das Widerrufsrecht bei einer Seminaranmeldung? Wenn jemand nicht sicher ist, dann soll er sich nicht anmelden!
Doch es ändert nichts an der Rechtsgrundlage: Es lässt sich nicht umgehen!

Alles LIebe, Julian!


   
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(@kathrin-h)
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Beigetreten: Vor 11 Jahren
Beiträge: 29
 

Bei der Seminaranmeldung (online), dem Online Einkauf etc. handelt es sich nicht um "Haustürgeschäfte" nach §312 BGB, sondern um "Fernabsatzverträge" §312b ff.
Durch §312d i.V.m. §355 kommt allerdings das Gleiche Ergebnis dabei heraus.

Wenn schon Juristerei, dann aber richtig. :whistle:

Das Problem ist, meiner Ansicht nach die Abgrenzung. Diese Regelung zu den Fernabsatzverträgen macht Sinn, denn ohne diese wären die telefonischen Vertragsabschlüsse, bei denen "Kunden" nicht mal bemerkten, dass sie Verträge abschlossen, nicht abgedeckt worden ("Haustürgeschäfte" erfordern Kontakt in Person, wenn auch nicht zwangsläufig an der Haustür). Allerdings sind diese Geschäftspraktiken natürlich nicht mit einem einfachen und bewussten Vertragsabschluss gleichzusetzen.

Das dürfte am Schreibtisch jedoch nicht groß interessiert haben, die EU Richtlinie wurde ja umgesetzt.


   
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(@julian)
Mitglied Admin
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Hi Kathrin,

aus dem Grund macht das Seminar ja der Marc, seines Zeichens Anwalt, und nicht ich selbst.
*lach*

Und genau das Problem, was Du ansprichst, sehe ich ja auch:
Klar macht das Gesetz in einem bestimmten Rahmen völlig Sinn.
Leider führt es an anderen Stellen zu entsprechenden Schrägheiten.

Guck Dir alleine mal die Impressumspflichten von Online-Shops and.
War es Sinn und Zweck des Gesetzes, daß heute viele Anwälte Geld damit verdienen, einen Shop juristisch abzusichern, und noch viel mehr Anwälte Geld damit zu verdienen, Unterlassungsverfügungen an Webseitenbetreiber zu schicken, weil sie irgendeine Kleinigkeit nicht richtig umgesetzt haben?

Alles Liebe, Julian!


   
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(@kathrin-h)
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Ja, der "Abmahnwahn" hat seinen Namen nicht zum Spaß erhalten und spielt in der gleichen Ecke. Ein ordentliches Impressum reicht da leider auch schon lang nicht mehr. Das dürfte mit das größte Risiko jeder neu erstellten Homepage sein, egal in welchem Bereich.

Gleichzeitig ist diese Idee der "besonderen Vertriebsformen" eben auch eine EU Sache und da kommen regelmäßig die schönsten Geschichten bei raus. Das Seilbahngesetz für Mecklenburg-Vorpommern war da ein sehr schönes Beispiel.
Es kommt nicht wirklich auf den Sinn an, sondern darauf, was getan werden muss, um eine Anordnung zu erfüllen.


   
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(@julian)
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Beiträge: 4664
Themenstarter  

Und das ist auch der Grund, warum ich das Widerrufsrecht bei Seminaren so sinnlos finde.
Ich bin der Meinung, man soll sich erst dann anmelden, wenn man auch weiß, daß man kommen will.

In den 14 Tagen gibt es nichts neues, daß ein Teilnehmer in seiner Entscheidung beeinflusst, was er nicht "ohne Anmeldung" auch hätte herausfinden können. Aber das Widerrufsrecht führt halt zu richtig viel Kosten und Aufwand, bis hin zu dem Nachweis über den Erhalt, die auch wieder in den Seminarpreis einkalkuliert werden müssen.

Somit dreht sich die Preisspirale nach oben, unter der Prämisse des "Verbraucherschutz", ohne daß ich jedoch einen wirklichen Vorteil für den Verbraucher sehe.

Alles Liebe, Julian!


   
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(@kathrin-h)
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Im Bereich der Online-shops wurde ja dieses Jahr ein wenig daran gearbeitet. Nicht die riesen Änderung, aber doch mal Bewegung statt Stillstand.

Bei Seminaren oder jeglichen anderen, zeitlich gebundenen Veranstaltungen wird es immer Situationen geben, in denen es dann doch nicht passt. X Tage Widerrufsrecht greifen dabei wohl nur im Einzelfall. Bei solchen Dingen spielen dann aber auch noch andere Faktoren mit hinein (z.B. schnell buchen, bevor es keinen Platz mehr gibt). Wenn es dann doch nicht passt und der schnelle Entschluss sich als Fehler herausstellt, ist der "dann doch nicht Kunde" froh und der Anbieter hat Pech. Ob das nun die Definition von Fairness ist...

Dazu kommt, dass gewisse Dinge sich verselbstständigen. Es ist doch "normal", dass der Widerruf möglich ist. Das ein Vertrag eigentlich zur sofortigen Bindung gedacht ist, ist, auch dank gewisser Werbestrategien großer Firmen, heute nicht mehr die allgemeine Auffassung in der Bevölkerung.


   
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(@julian)
Mitglied Admin
Beigetreten: Vor 2 Jahren
Beiträge: 4664
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Ist allerdings im Reiserecht auch wieder anders geregelt.
😉

Das ein "Engpass" im Verkauf gerne genutzt wird ist nicht auf den Online-Handel beschränkt.
Das passiert auch im Normalen Ladengeschäft und ich mag das auch nicht.

Noch schlimmer ist es auf Verkaufsveranstaltungen wie Messen oder ähnlichem. Und genau DA ist es dann auf einmal kein Haustürgeschäft mehr.

Ich bin durchaus dafür, den Unternehmer/Verkäufer in die Verantwortung zu nehmen und dem Kunden NICHT das Risiko aufzulasten, einer Verkaufsmache auf dem Leim gegangen zu sein. Genau dazu taugen die Regelungen, so wie sie heute existieren, allerdings nicht. Die heutigen Regelungen führen zu einem Gesetzeswahnsinn, bei dem kaum ein Kunde mehr durchblickt und am Ende oft der teurere Anwalt gewinnt. Der ist meist bei den Unternehmen.

Eine einfacher, klare Regelung.
Das wäre doch mal was Feines.

Aber, zugegeben, das war noch nie eine Stärke der Deutschen.
Sieht man ja auch am Steuerrecht. 😉

Alles Liebe, Julian!


   
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(@kathrin-h)
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Steuerrecht, Verwaltungsrecht... Im Menschen verwirren sind wir richtig groß!

Auf einer Messe begibst du dich bewusst in die Höhle des Löwen. Wer da nicht auf Verkaufsstrategien gefasst ist, hat wohl wirklich einfach Pech.

Für einfachere Regelungen oder überhaupt eine Veränderung bräuchte es Motivation und die ist heute oft erst dann gegeben, wenn dicke Strafen im Raum stehen. Dann bekommt selbst die Gurke Aufmerksamkeit, weil es ganz wichtig ist, zu regeln wie krumm sie sein darf.

Insbesondere die "kleinen" Anbieter haben kaum eine Chance soviel Druck aufzubauen, dass Herr/ Frau Referentenentwurf sich mal an die Arbeit machen würden.

Das der Bürger bei den einfachsten Dingen nicht durchblickt, liegt für mich auch daran, dass alltägliche Rechtsfragen nicht Teil der allgemeinen Schulbildung sind. Da bekommen Schüler die tollsten chemischen Formeln präsentiert, aber was ein Verwaltungsakt oder ein Kaufvertrag ist erklärt ihnen niemand. Dabei sind das wirklich Dinge um die kein Mensch in Deutschland rum kommt.

Ok, das geht jetzt allerdings langsam etwas weit vom Thema weg. :unsure:


   
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(@bizarrhexe)
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Beiträge: 12
 

Und nettes Vertragsrecht, wenn ein Forum mit Bestandteil des Vertrages ist und unliebsame Beiträge gelöscht werden vom Administrator... und Vertragspartner.


   
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(@julian)
Mitglied Admin
Beigetreten: Vor 2 Jahren
Beiträge: 4664
Themenstarter  

Und nettes Vertragsrecht, wenn ein Forum mit Bestandteil des Vertrages ist und unliebsame Beiträge gelöscht werden vom Administrator... und Vertragspartner.

Der Beitrag ist nicht gelöscht, sondern nur verschoben, weil er offtopic war:
http://www.psychopragmatik.de/rechtsgrundlagen_fuer_trainer_und_coaches/314_rechte_und_pflichten_fuer_trainer_einzelfall

Das hat nichts mit unserem Vertrag bezüglich der Seminare zu tun sondern nur mit gescheiter Moderation im Forum.

Alles Liebe, Julian!


   
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